Montag, 20. Februar 2012

31. Das ist nicht lustig

Am Aschermittwoch ist alles vorbei! Diese Gewissheit ist ein Trost für die Ghostwriter hochgestellter Parteileute, die im politischen Aschermittwoch eine tragende Rolle spielen müssen, nämlich die des witzig-krachenden, des politisch-polemischen Volksredners.

Viele Redenschreiber sind betroffen; denn was palavernde Bauern vor 400 Jahren am Rande des Vilshofener Vieh- und Rossmarktes begannen und was Franz-Josef Strauß mit seiner saalfüllenden Potenz in den 1950er Jahren zum Großritual machte, ist inzwischen zu einer Art Landplage geworden, wie die Süddeutsche Zeitung anmerkte: Überall gibt es diese Veranstaltungen, in denen Politiker eine Mischung aus Kabarett, Karneval und politischer Führung auf die Bühne zu bringen versuchen, selbst im nüchternen Schleswig-Holstein.

Ob in Vilshofen, Passau oder Marne, es ist überall das gleiche: Der Redner will das Publikum zum Lachen, Klatschen, Trampeln bringen; er will grobe Klötze auf grobe Keile setzen, die er sich selbst zurecht legt; er will die Anhänger mitreißen und die Gegner einschüchtern; er will Witze auf Kosten der anderen machen, um die eigenen Reihen zu schließen. Er will Pointen abschießen, die im Saal einheizen und in den Medien widerhallen.

Eine Regierungserklärung ist im Vergleich dazu ein Klacks. Der Redner sollte sich - schon wenn die Einladung sondiert wird - überlegen, ob er in der Bütt' wirklich eine gute Figur macht. Und der Ghostwriter muss sich fragen, in wieweit so ein Fall in seine Kompetenz fällt. Ein verantwortliches Nein ist besser als ein Ja aus Selbstüberschätzung oder Feigheit. Es gibt ehrenwerte Alternativen zum Selberschreiben: Man kann vorschlagen, einen Pointenfachmann aus der Unterhaltungsbranche hinzu zu ziehen; man kann raten, eine Redenschreiberagentur zu beauftragen, die auf Witz und Klamauk spezialisiert ist. Der Ghostwriter managt dann den Prozess und ist das Korrektiv für die Externen. Denn er ist ja der Experte in der Frage, was zu seinem Chef passt und was nicht.

Der Redner selbst wird sich, wenn denn der Text steht, auf den Vortrag hoffentlich so gründlich vorbereiten wie sonst selten. Pointen zünden nur, wenn sie präzise abgewickelt werden. Der Plot muss funktionieren, jedes Wort muss an seinem Platz sein, aber auch Stimme, Melodie und Mimik müssen passen. Eine gute Idee holpert, wenn sie verkrampft vorgetragen wird; eine prononcierte Vortragsweise nützt nichts, wenn der Inhalt peinlich ist. Ein Witz krepiert, wenn er nicht verstanden wird. Also muss getestet und geübt werden.

Eine lustige Rede ist immer eine schwere Geburt. Aber wenn sie dann halbwegs funktioniert hat, sind die Schmerzen bald vergessen. Und wenn die nächste Anfrage nach einer Gaudi-Rede ins Haus kommt, wird man sagen: Aber gerne doch, das machen wir mit links...