Montag, 7. Februar 2011

7. Erstens, zweitens, drittens

Der italienische Schriftsteller und Gelehrte Umberto Eco hat uns in seinem Werk "Die unendliche Liste" vor Augen geführt, wie der Mensch seit Beginn der Kulturgeschichte mit Hilfe von Listen, Katalogen und Sammlungen versucht, die endlose Vielfalt des Lebens überschaubar zu machen. Auch eine Rede muss mitunter Ordnung in eine schier unüberschaubare Menge von Fakten, Aspekten und Zielen bringen. Dabei kann eine Liste helfen.

Das gilt zumal, wenn nicht zur Erbauung, zur Unterhaltung oder aus festlichem Anlass zu sprechen ist, sondern in der politischen Auseinandersetzung.  Dann kommt es oftmals darauf an, einen Sachverhalt schlüssig darzulegen, und dabei zugleich - sei es ausdrücklich oder zwischen den Zeilen - Fehler zu bestreiten, Vorwürfe zu entkräften, Dinge gerade zu rücken.  Einen solchen Redetext als Punktation ("Erstens, zweitens, drittens...") zu strukturieren, hat zwei Vorteile:

Erstens: Gedankliche Disziplin. Die Struktur zwingt dazu, jene Punkte sorgfältig auszuwählen und durchzubuchstabieren, die einem wichtig (und/oder nützlich) sind. Von diesen Punkten aus denkend, ergibt sich dann fast von selbst, welches Faktum, welches Detail, welches Argument hinein gehört und welches nicht. Von Hölzchen auf Stöckchen kann man so eigentlich nicht kommen - und auch nichts Entscheidendes vergessen.

Zweitens: Wirkung durch Klarheit. Eine solche Struktur signalisiert: Was jetzt kommt, wird nicht mal eben so aus dem Ärmel geschüttelt, sondern ist gründlich durchdacht! Das, was jetzt hier vorgetragen wird, ist das Wichtige; alles andere ist nicht von Belang!

Diese Methode taugt übrigens nicht nur für den Sachstandsbericht oder die rhetorische Verteidigung im Parlament. Politische Redner nutzen sie gern auch, um Programmatisches einprägsam zu platzieren. Ob sieben Punkte zur Integration bei Horst Seehofer, zehn Punkte zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas bei Helmut Kohl oder 95 Thesen bei Martin Luther - immer nutzen sie die Kraft der Ordnungszahl, um ihre Sache kompakt zu machen. Wie sagte Umberto Eco zum Zauber der Liste: "Was will Kultur? Die Unendlichkeit fassbar machen."